Dafür oder dagegen? – Die ewige Qual der Wahl

Dafür oder dagegen? – Die ewige Qual der Wahl

»Eines solltest du wissen: Du brauchst immer ein Ziel. Und einen Plan, wie du es erreichst! Das hilft dir, dich zu orientieren und gibt dir Halt, dann fühlst du dich sicher. Du musst dich entscheiden.«

»Halt! Stopp!« Ich sitze im Halbdunkel, blinzle, um mich herum ist jetzt alles wieder still. Wer hat das gerade gesagt?

Ich habe gerade oft keinen Plan, habe kein Ziel, habe ganz oft schlichtweg keine Ahnung. Mit diesem Gefühl bin ich derzeit nicht alleine unterwegs. Es ist weit verbreitet.

 

Dafür oder dagegen?

 

Ich kann mich nicht entscheiden!

Oft will ich mich auch gar nicht entscheiden müssen. Denn ich kann doch nicht einfach einen Teil von mir abschneiden, so tun, als ob er nicht da wäre, so tun, als ob er mir nicht lieb wäre. All meine Freude, meine Angst, meine Wut, meine Ohnmacht, meine Verwirrung … das gehört doch alles zu mir. Und doch stehe ich mir dann irgendwann selbst im Weg.

Mittlerweile entscheide ich viel aus meinem Bauch heraus, mit dem Wissen, dass ich jederzeit Fehler machen darf und vor allem, weil ich mich auch neu (um-)entscheiden darf.

Oft beantworte ich meine Qual-der-Wahl-Fragen mit: Ich will alles! Und am liebsten sofort. Denn Beschränkungen sind mir ein Dorn im Auge – in diesen Zeiten ist das wohl für viele ein großes Übungsfeld.

Ich liebe die Weite, den breiten Tellerrand, auf dem alles geschehen darf, auf dem groß gedacht, groß gelacht, groß geweint, groß diskutiert, groß geplant, groß gesponnen, groß visioniert und so weiter werden darf. Auf dem gestolpert, experimentiert, hingefallen und wieder aufgestanden wird. Mit und im großen Gedanken an ein allumfassendes Miteinander. Mit allen Seelen, allen Kräften, allen Welten des Universums zusammen. Nicht GEGEN etwas, sondern FÜR etwas.

Am Wochenende bekam ich per E-Mail einen Aufruf: » Lichterkette für Solidarität in der Pandemie – gegen Leugnen – gegen Hetze – gegen Rechts «
Morgen 18 Uhr am Breslauer Platz. Anlässlich der Querdenker:innendemos und Montags”spaziergänge” gibt es jetzt eine Berliner Erklärung “Solidarisch denken”, initiiert von Aufstehen gegen Rassismus, an der viele Berliner Initiativen, Vereine und Parteien (SPD, Linke und Grüne) mitgewirkt haben.

Ich bin ein ganzheitlich denkender Mensch. Mir fehlt in vielem das FÜR. Warum gibt es keinen Aufruf im Sinne von: Lichterkette für ein wohlwollendes Miteinander, egal ob mit oder ohne Piecks, egal ob schwarz oder weiß, egal ob arm oder reich? Wo ist die Lichterkette für Gerechtigkeit, für Wahrheit, für Schul- und Alternativmedizin?

Im Entweder-oder entsteht Ausgrenzung, Bewertung, Schublade auf und zu. Stillstand. Das Sowohl-als-auch macht Wege frei. Umdenken ist angesagt.

 

Das noch Unbekannte ist das Feld aller Möglichkeiten.

 

Wer hat den Mut? Wer ist bereit? Bin ich nur zu blauäugig, naiv? In einer kindlichen Illusion gefangen? Darf ich an das Gute im Menschen glauben? Wenigstens hoffen?

Für mich fühlt es sich gerade so an wie vor 33 Jahren. Alles im Umbruch. Damals, Ende der 80-er Jahre war klar, dass es so in der DDR nicht weitergehen konnte. Keiner hatte eine Ahnung, was als Nächstes passieren würde. Die einen wollten nur noch so schnell wie möglich weg, hinein in all die schönen Versprechen des schillernden Westens. Die anderen harrten der Dinge, hofften, bangten, manche wollten bis zuletzt die rote Fahne aufrecht halten.

Das sich eingestehen, gescheitert zu sein, fällt nicht leicht, tut schmerzlich weh. Über 40 Jahre hatten unsere Eltern an etwas geglaubt, sie haben es mit eigenen Händen aufgebaut, mit nicht weniger Mut und Willen, wie auf der anderen Seite der Mauer. Ich bin damit groß geworden, das war meine Muttermilch. Und dann zu erleben, wie es stirbt, wie alles zerfällt, nichts mehr von Wert ist. Ein herber Schlag. Eine kollektive Abwertung auf ganzer Linie. Der Westen hat das
Regime übernommen, alles zum Wohle des nun endlich gesamtdeutschen Volkes. Diese Wunde bleibt, blutet bis heute. Ein großes Schamgefühl folgte, immer wieder mit der nagenden Frage: Habe ich auf der falschen Seite gestanden, eine falsche Entscheidung getroffen?

So wie damals diese Frage immer wieder still den Raum füllte, fühlt sich für mich gerade die ganze „Tante C“-Diskussion an.

War es richtig, dass ich mich hab impfen lassen? War es richtig, dass ich mich nicht impfen lasse? Wieder gibt es eine Spaltung.

Was, wenn wir uns eingestehen müssten, dass weder die eine noch die andere Seite der Position recht hat? Was, wenn alle Beweggründe, die dafür und die dagegen, ihre Berechtigung hätten? Lähmt uns die große Angst vor dem Gesichtsverlust? Vor dem Eingeständnis?

Das Leben besteht aus Versuchen. Jeden Tag machen wir neue Erfahrungen. Das System von richtig oder falsch, gut oder böse ist von Menschenhand gemacht. Das gibt es in der Natur nicht.

Bin ich bereit, mich jeden Tag neu vom Leben berühren zu lassen? Bin ich wirklich bereit, aus meiner kleinen Denkbox auszusteigen und mich aufs Leben in all seiner Schönheit und Vielfalt einzulassen?

Worauf lege ich meinen Fokus? Die Energie folgt der Aufmerksamkeit. Ich kann mich jederzeit neu entscheiden. Ich habe die freie Wahl.

 

Impfpflicht: Nein, danke!

 

Mir fehlt die Selbstbestimmung, die Selbstverantwortung, vor allem fehlt mir die allumfassende neutrale Informationsvermittlung. 

Mir ist es egal, ob jemand geimpft oder ungeimpft ist. Ich möchte meinem Gegenüber menschlich begegnen, respektiere seine Wahl, seine Beweggründe.

Denn keiner werfe den ersten Stein. Wir sind alle betroffen. Wir überleben auf dieser Welt alle nur im Miteinander. Wann begreifen wir das endlich. Wir sterben entweder alle oder retten die Welt.

Wir sind die größten Schmarotzer auf dieser Erde. Mich wundert es, dass Großmutter Erde noch so wohlwollend mit uns ist. Wir beschließen die Abschaffung von Plastik-Trinkröhrchen und sind stolz darauf, dass es diese nun nur noch in Papierform gibt. Und im Gegenzug bauen wir einen Plastik-Teststäbchen-Verpackungsmüllberg schier unglaublicher Größe. Aus Angst. Kapitalistischer Luxus pur. Kann mir das bitte einmal jemand erklären? Ein sinnloses Unterfangen. Für mich ein paradoxer, aus dem Runder laufender Wahnsinn.

Die in der viralen Medienflut versprochene vermeintliche Sicherheit vs. Angst wird als Machtinstrument missbraucht. Normaler Menschenverstand ist nicht gefragt, denn der bringt kein Geld. Erleben wir gerade den Gipfel des manipulierenden Kapitalismus?

Ich habe schon einmal den Zusammenbruch eines Systems erlebt. Ich bin vorbereitet, chaos-erprobt, habe den Übergang von 0 auf 100 in ein anderes System erfolgreich gemeistert. Ist das eine besondere Resilienz-Erfahrung des Ostens?

Was kann denn schlimmstenfalls passieren?
Strom weg, Geld weg, materielles Chaos, das selbstverständlich gewohnte Überangebot an Waren aufs vielleicht notwendigste reduziert.
Schlimmstenfalls schüttelt sich Großmutter Erde und schmeißt uns raus, weil ihr von all unserer selbst überschätzenden Borniertheit der Kragen geplatzt ist. Man könnte diesen Rausschmiss auch einfach Klimawandel nennen – Großmutter Erde wird gewinnen. Das sollte uns klar sein. Sie hat auch schon die großen Dinosaurier überlebt.

Hilfreich beim Wandel und Neubeginn wäre angemessene Demut vor den Naturkräften und Kräften des Universums. Und Herzensbildung. Sich von Mensch zu Mensch, von Herz zu Herz zu begegnen. Ohne Vorurteile und Beschimpfungen. Auf Augenhöhe.

Das schöne ist, dass damit jeder bei sich selbst anfangen kann.

 

Die Lehren der indigenen Völker

 

Jahrelang habe ich die Lehren der Naturvölker dieser Welt studiert. Ein Reichtum an Wissen, wie wir in Einklang mit der Natur, mit den Pflanzen und Tieren leben können.

 

Wie schade, dass das alte Räder-Wissen dieser weisen Völker in unserem hoch entwickelten Schulsystem nicht gelehrt wird. Den Kindern werden hochkomplexe Wissenschaften gelehrt, doch meist ohne Bezug zum großen Ganzen. Werden sie damit wirklich für die Schule des Lebens vorbereitet? Mit auch ein Grund, warum ich mein Buch START INS LEBEN. Erfolgreich auf eigenen Füßen geschrieben habe.

Unser Schulsystem ist oftmals als Fehlersuchsystem aufgebaut. Das Streben nach Bestleistung steht im Vordergrund. Doch das hat seinen Preis. Glaubenssätze wie: da warst du noch nicht gut genug. Da hast du den Ansprüchen nicht gereicht … werden oft wie Konfetti in den Schulzimmern verteilt. Warum wird das Augenmerk nicht vor allem auf all die schönen Talente und Fähigkeiten, die entwickelt und gezeigt werden wollen, gerichtet? Der Same   Ich bin gut, genau so wie ich bin   wird dort gerne aus der Sammelpackung der vielen Möglichkeiten aussortiert.

 

Doch egal ob in der Familie, im Arbeitsumfeld, in der Schule oder wo auch immer … es geht nicht ums irgendwo mit Bestleistung ankommen.

Es geht ums DA-SEIN. Und es geht vor allem um ein respektvolles und wertschätzendes MITEINANDER.

 


 

Ab jetzt erscheinen hier immer wieder meine persönlichen Sicht-weise(n) zu Impulsen oder Themen der Zeit. Als Inspiration und Denkanstoß, denn ich finde, dass die Zeit reif ist, um gemeinsam neue Wege zu finden und zu gehen.

Jetzt!-Labor 14.02.2022

Jetzt!-Labor 14.02.2022

Seit ich vor ein paar Wochen meine Morgenroutine verändert habe, hat sich mein ganzes Leben verändert. Wow! Ich kann es noch gar nicht fassen und es tut mir so gut. Früher bin ich sofort aufgesprungen und in den Tag gestartet, bin von Termin zu Termin , die Zeit rannte mir durch die Finger und ich hatte oft das Gefühl, immer auf dem Sprung zu sein. Jetzt klingelt morgens der Wecker und ich sitze erst einmal eine halbe Stunde nur mit mir. In Stille. Damit mich mein Schweinehund nicht davon abhält, meditiere ich zusammen mit anderen vom Benediktushof in Holzkirchen. Sie sind meine stillen Zeugen, denn ich trickse mich in meiner Selbstfürsorge auch gerne mal selber aus. Das funktioniert super. Als schönes Geschenk gibt es dort nach der Meditation einen Gedanken zum Tag und am Ende wünschen wir uns gegenseitig einen schönen Tag. Meine Tage sind seitdem viel gelassener. Ich hab das Gefühl, ich schaffe viel mehr, weil ich morgens schon ganz mit mir verbunden bin. Mich bringt nichts mehr so schnell aus der Ruhe.
Wie ist das bei dir? Wie beginnst du deinen Tag? Welche Rituale hast du am Morgen? Wann und wie oft nimmst du dir Zeit, ganz mit dir zu sein? Schreib es mir gerne in den Kommentar …

Mein #12von12 im Februar 2022

Mein #12von12 im Februar 2022

Wie schön, es ist wieder #12von12 und nach der alten Blogger-Tradition gibt es 12 Bilder vom Tag … mittlerweile ist es einer meiner Lieblingstage geworden, weil ich an ihm meine Fotografier-Leidenschaft mit euch teilen kann.

Ich liebe diesen Zufall, auf welchen Tag dieser 12. des Monats fällt und was bei mir dann dort im Kalender steht. Dieses Mal fällt der 12. auf mein letztes Fortbildungswochenende in Jin Shin Jyutsu.

Über diese Methode werde ich hier auf diesem Blog in Zukunft noch einiges preisgeben … also schau gerne immer wieder mal bei mir vorbei …

doch jetzt nehme ich dich erst einmal mit durch meinen Tag …

 

Seit diesem Jahr fängt mein Tag jeden Morgen mit einer halben Stunde mit mir in stille Sitzen an … diese Morgenroutine möchte ich nie wieder in meinem Leben vermissen …

 

Der Blick aus dem Fenster kündigt einen sonnigen Tag an … nicht mehr lange und die Sonne schafft es hinter dem Haus hervor …

Auf dem Weg zur Fortbildung: Eine Nachbarin mag wie ich das Schreiben … seit Beginn der Pandemie schreibt sie immer wieder tolle Zitate an ihr Fenster …

Hier hat doch gleich mal wieder mein #farbkreisreise – Orange-Zielfernrohrauge ein neues Motiv gefunden …

 

Der Laden steht immer noch leer … immer wieder, wenn ich an ihm vorbeilaufe, überlege ich, ob er wohl auf mich wartet … immerhin stehen schon 3 der 5 Buchstaben meines Namens oben drüber … und ich habe auch ein kleines Revival-Gefühl bei dem Gedanken, denn genau in diesem Laden habe ich vor 20 Jahren meine erste Bilderausstellung veranstaltet – damals war hier der Friseursalon HairOxyd … Soll ich mir neue Räumlichkeiten für meine Heilpraxis und meinen kleinen Verlag suchen? … und Café würde es dort natürlich auch geben 😉

Bevor ich die nächsten 7 Stunden mit anderen im Seminarraum verbringe, will ich noch so viel wie möglich Sonnenlicht mit einem leckeren Kaffee genießen …

 

Ein echtes Naturspektakel: die alten Blätter zieren Eiskristalle und das Gras leuchtet frühlingsgrün in der Sonne …

Die Ausbildungsskripte liegen bereit … es kann losgehen … am Vormittag Jin Shin Jyutsu in Theorie …

… und am Nachmittag in der Praxis angewandt …

Welch Freude … nachmittags kam die whatsapp einer Freundin … ich hab ihr irgendwann mal diesen Zettel geschenkt … heute sagt sie mir danke … ein wundervoller Same … den ich immer wieder gerne an andere weiterreiche …

Und ein neues Lebensmittel ist heute bei mir eingezogen … die Kefirproduktion hat begonnen … ab jetzt trink ich mich schon mal präventiv gesund …

 

Zum Abendbrot gibt es Hühnchen … ich schlage zwei Fliegen mit einer Klappe und hab gleich noch mein Mittagessen für den morgigen Seminartag im Kasten … Selbstfürsorge de Luxe …

 


Doch jetzt habe ich mir mein Bett verdient …

 

Und auch am 12. März wird es wieder heißen:    #12von12

Bis dahin wünsche ich dir eine wundervolle Zeit.

Pass gut auf dich auf und bleib vor allen Dingen gesund.

 

 

4-Wort-Story: Marmelade, Ernährungsdocs, Rausch, Müllabfuhr

4-Wort-Story: Marmelade, Ernährungsdocs, Rausch, Müllabfuhr

»76«, antwortete sie.
»Was? … Jahre? Kilo? Euro? Deine Zimmernummer?«. Die Stimme der Frau auf der anderen Seite des Tisches kreischte in ihrem Ohr. Gundula dreht sich um, schaut zu den anderen im Raum. Warum war sie heute nur hier an diesem Tisch gelandet? Was wollte diese Frau von ihr? Sie wollte einfach nur ihre Ruhe. Ihr Trainingsplan war voll: Vorträge, Gespräche, Laufen zum Konditionsaufbau und leichtes Krafttraining. Sie stellte schnell fest: Die Bandbreite der Patienten war hier riesig. Doch sie war einiges aus ihrem Leben gewohnt. So schnell schockte sie nichts. Sie wusste, dass sie in den nächsten Wochen hierbleiben musste, um wieder auf die Beine zu kommen.

»Pulsschläge«, murmelte sie über den Tisch, doch die Frau ihr gegenüber hatte ihr wildes Fragespiel schon an den nächsten Tisch verlagert. Sollte sie aufstehen und sich umsetzen? Doch wohin? Seit ihrer OP ging nichts mehr mal-so-schnell-eben. Sie kam sich wie ein Walross vor, obwohl sie mittlerweile so wenig wog, wie noch nie in ihrem Leben. Die Ernährungsdocs würden ihr für diesen BMI applaudieren. Als sie deren App vor Jahren noch abonniert hatte und fleißig nach Rezepten kochte, stand die BMI-Anzeige meist knapp bei Rot. Sie liebte einfach leckeres Essen. Das war nun nicht mehr ihr Problem. Heute hatte sie andere Baustellen.

Sie wusste, dass sie oft über die Grenzen ihrer Belastbarkeit ging. Vor allem im Job. Sie war gut. Sie war gefragt. Sie hatte es jetzt sogar bis zu einer Professur gebracht. Das war nie ihr Ziel gewesen, dafür hatte sie eigentlich auch gar nicht die Voraussetzungen – doch sie hatten es ihr ermöglicht. Aus Mangel an Alternativen? Oder einfach, weil sie die beste Bewerberin war?

Doch seit sie in der Uni die Stelle angetreten hatte, lief es bei ihr im Herzen nicht mehr rund. Anfangs überging sie die Zeichen. Sie wollte es sich beweisen. Sie kann das. Doch wirklich nur sich? Oder auch all den anderen, die ihr diesen Job nicht zugetraut hätten? Ihr Zweifelkobold saß ihr immer wieder auf der Schulter, flüsterte ihr Sätze ins Ohr, die ihr Angst machen sollten. Doch sie ließ sich nicht mehr von ihm beeindrucken. Wie im Rausch eignete sie sich von 0 auf 100 die neue digitale Welt der online-Wissensvermittlung für ihre Studenten an. Sie hatte Ideen, Visionen, wie sie ihr Wissen weiterreichen wollte. Sie war eine Kämpfernatur: Immer der Lösung oder dem Erreichen von Wundern zugewandt.

Doch dann schmiss es sie aus der Bahn. Die Diagnose war eindeutig. Sie kam um eine OP nicht mehr herum. Nun saß sie hier im Rehazentrum und sollte wieder zu Kräften kommen. Es waren ihre ersten Tage hier vor Ort. Am Morgen hatte sie die Müllabfuhr geweckt. Ihr Zimmer lag direkt im ersten Stock, mit Blick in den Wirtschaftshof der Klinik. Sie war aufgestanden und zum Fenster gegangen, um es zu schließen. Die Männer in ihrer orangen Aufmachung erinnerte sie an das kreative Kunstprojekt einer Studentin: Bring Farbe ins Grau. Unter dem #farbkreisreise konnte jeder der wollte, ihr im Laufe der vier Wochen Bilder zur Farbe des Monats schicken. In diesem Monat war Orange dran. Sie nahm ihr Handy vom Tisch und drückte ab. Sie hatte ihr erstes Bild: Müllmänner in Orange.

Sie ging ins Bad und schaute in den Spiegel. Die lange Linie zwischen ihrer Brust war noch eindeutig rot. Kein Bildmotiv für diesen Monat. Sie schloss den Bademantel wieder und ging zurück zu ihrem Bett. Die Schwester hatte ihr in der Zwischenzeit das Tablett mit dem Frühstück hingestellt. Sie hob die Haube und fing an zu grinsen. Dort lagen zwei Scheiben Weißbrot mit Marmelade. Sie zückt ihr Handy. Bild 2 war im Kasten. Bei der Farbe tippte sie auf Aprikose. Vielleicht ist das eine gute Idee, mit ihren Studenten Kontakt zu halten, denn irgendwann wollte sie ja hier wieder draußen sein und endlich wieder vor ihnen stehen. Die digitale Technik machts möglich. Sie schickt die Bilder per E-Mail in die Uni. Mit lieben Grüßen an alle.

 


 

Diese kleine Kurzgeschichte hat dich inspiriert oder berührt?

Manchmal klingen sie auch noch in dir nach oder regen dich selbst zum kreativen Schreiben oder Gestalten an?

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Das fehlende Schulfach „Praktische Lebenskunde“ – Warum ich einen Ratgeber für junge Menschen geschrieben habe

Das fehlende Schulfach „Praktische Lebenskunde“ – Warum ich einen Ratgeber für junge Menschen geschrieben habe

Wie kommt man dazu, einen Ratgeber bzw. einen Sachbuch-Leitfaden für junge Menschen zu schreiben?
Diese Frage wird mir, seit im November mein Buch START INS LEBEN. Erfolgreich auf eigenen Füßen erschienen ist, immer wieder gestellt.

Buch Start ins Leben von Umani Wendler

Eine Antwort von mir darauf ist: Weil das Bildungspolitiksystem in meinen Augen in Deutschland beim Thema Vorbereitung fürs Leben fast komplett versagt.

Beim Haupt- oder Realschulabschluss, und auch nur bedingt beim Abitur pauken unsere Kinder und Jugendlichen zwar alle möglichen hochkomplexen Fächer wie Mathematik, Physik, Informatik oder Deutsch, Fremdsprachen, Geschichte, Erdkunde, Biologie … und vieles andere mehr, doch für die praktischen Dinge des Lebens, zum Beispiel, was sollte ich beachten, wenn ich einen Miet- oder Arbeitsvertrag abschließe oder wie haushalte ich mit meinem Geld, ohne in eine Schuldenfalle zu tappen? – damit werden sie weitestgehend allein gelassen. Für dieses Wissen haben die meisten Lehrkräfte keinen Bildungsauftrag. Dafür ist das Elternhaus zuständig.

Einzige Ausnahme sind Sekundarschulen oder Oberstufenzentren, an denen im Bereich Berufsbildung das Fach Wirtschafts- und Sozialkunde angeboten wird. Dort sind die Schüler eindeutig im Vorteil, vom einen oder anderen Aspekt ihres zukünftigen Alltags schon etwas gehört zu haben. In den meisten Gymnasien werden nur Projektwochen für die Berufsorientierung oder ein Bewerbungstraining angeboten. Das war lange Zeit mein Arbeitsumfeld. Die Nachhaltigkeit dieser Vorbereitung aufs Leben musste ich damals schon öfter infrage stellen.

Immer wieder wurden mir in diesen Trainings von den Jugendlichen Löcher in den Bauch gefragt. Ich stellte dabei meistens fest: die Themen erste Wohnung, erstes Geldverdienen oder erster Arbeitsvertrag, mit all den unterschiedlichen Aspekten, die dabei beachtet werden sollten, kamen im Lehrplan als Bildungsaufgabe nicht vor. Viel mehr waren die Jugendlichen mit dem geforderten Prüfungsstoff und dem Druck von „höher, schneller, weiter … wer ist der Beste, um …“ beschäftigt und den wenigsten war überhaupt schon klar, wo die Reise ihres Lebens nach der Schule hingeht.

Gehen die Bildungspolitikexperten davon aus, dass Kindern und Jugendlichen praktische Lebenskunde hautnah zu Hause beigebracht wird?

Doch was ist, wenn die Eltern damit, neben Vollzeitarbeit und Familienzeit – und seit zwei Jahren auch noch mit dem schwierigen Balanceakt von Homeoffice und Homeschooling zugleich – überfordert sind oder schlicht und einfach selbst über keine gute Grundlage für praktische Lebenskunde verfügen? Was passiert, wenn die Eltern selbst das System gar nicht richtig kennen, weil sie aus ihrer Heimat flüchten mussten und sich selbst erst einmal mit dem komplexen deutschen Ämter- und Antragssystem vertraut machen müssen?

Die Zeiten haben sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Die viel zitierte Schere geht in vielen Bereich immer weiter auseinander. Von wohl- oder gar überbehütet bis alleingelassen – unsere Jugend, die Basis unserer Zukunft, bleibt auf der Strecke. Ich beobachte seit Jahren in meinem Umfeld die gefühlte Orientierungslosigkeit von jungen, intelligenten, kreativen und interessierten Menschen, die unter der Fülle der Herausforderungen an ihren Alltag – mittlerweile oft auch noch ohne Peergroup und Austausch mit Gleichaltrigen – leiden und nach Halt und neuen Wegen suchen. Manche von ihnen ziehen sich zurück, bleiben lieber im Nest zu Hause und warten dort auf bessere Zeiten. Andere ziehen los und suchen sich Nischen oder tauchen in Süchte oder die virtuelle Welt ab. Der Druck steigt … Die Corona-Lage hat die Entwicklung in den letzten zwei Jahren noch verschärft. Die Jugend sucht nach einem Ausgleich.

Ein weiterer Aspekt zeigt sich mir in der Folge der „Helikopter-Überbehütung“ vieler Kinder. „Ich will doch nur das Beste für mein Kind. Es soll es mal besser haben als ich.“ Diese Eltern wollen ihren Kindern alles abnehmen, wollen es ihnen so leicht wie möglich machen. Doch Resilienz und Durchhaltevermögen, ein Gemeinschaftsauge und eine gesunde Anstrengungsbereitschaft werden dadurch eher verhindert. Im schlimmsten Fall wird dadurch ein natürlich wachsender Selbstwert subtil untergraben. Das Kind entwickelt eine unangemessene Erwartungshaltung, weil es irrtümlicherweise denkt, auch ohne angemessene Anstrengung stünde ihm alles zu.

Sind das die Folgen unseres gesättigten Wohlstands in Deutschland? Läuft da etwas aus dem Ruder? Haben wir den Kontakt zum Ursprünglichen verloren?

Wenn ich miterlebe, wie Kinder mit Spielzeug, technischem Equipment, Reisen, Events überflutet werden, frage ich mich manchmal, was es braucht, damit die Kreativität und das sich selbst Spüren in uns und unseren Kindern wieder angeregt wird. Früher sind wir als Kinder einfach nur in die Natur gegangen, haben beobachtet, waren noch mit der Tier- und Pflanzenwelt verbunden. Mittlerweile fangen die Kinder schon im Buggy an, auf Tablets oder Handys mit einem Wish ihre Welt zu manövrieren.

In Deutschland klaffen viele Bereiche immer weiter auseinander. Auf der einen Seite gibt es die Wohlstands-Behüteten und auf der anderen Seite gibt es unzählige Kinder, ob Migrant:in, People of Color oder einfach nur aus ärmeren Verhältnissen. Ich wünsche mir sehr, dass die entstandenen Lücken geschlossen werden, dass sich das Verhältnis der Menschen wieder mehr zu einem sich gegenseitig unterstützendem Miteinander entwickelt.

Wir leben in unruhigen Zeiten. Derzeit ist so vieles in einem rasanten Prozess der Veränderungen. Klimawandel, Pandemie, Globalisierung. Bisher ganz selbstverständlich Gewohntes wird wahrscheinlich nie wieder so sein wie früher. Es braucht viel Geduld und Flexibilität. Doch vor allem braucht es eine Jugend, die sich frei entwickeln und mit Kraft und Lebensfreude  diese neue Welt mit erschaffen will. Doch wenn ich keine Orientierung und keine Basis für mein Alltagsleben habe, nicht weiß, wie es läuft, tritt möglicherweise tiefe Verunsicherung und Resignation an die Stelle, wo jugendliche Erfinderkraft und innovatives Denken neue Brücken zwischen Alt und Neu bauen könnten.

Eines meiner Ziehkinder stand mit Anfang 20 einmal vor mir und sagte ganz ernüchtert: „Auf all das haben mich meine Eltern nicht vorbereitet. Ich weiß überhaupt nicht, wie das mit dem selbständig Leben geht.“ Das war der Moment, in dem die Idee zu diesem Buch geboren wurde. Ich wollte ein leicht verständliches und doch komplex informatives Nachschlagewerk für die wichtigsten Grundtools für den eigenständigen Start ins eigene Leben herausbringen. Die drei Themen Wohnen, Geld und Arbeit – alle übersichtlich und kompakt in einem Buch zusammengefasst. Zur Orientierung und als Sicherheitsanker für die Schule des Lebens. Ein Buch mit fundiertem Basiswissen und vielen hilfreichen Tipps aus gewachsener Lebenserfahrung.

Für die Jugendlichen mag es im ersten Moment ein uncooles Buch sein. Doch spätestens, wenn das erste Mal kein Geld mehr im Portemonnaie ist, eine Absage nach der anderen kommt und der Vermieter an der Tür klingelt und seine Miete will, steckt in diesem Buch der Wissens-Notfall-Anker, um nicht gleich wieder bei den Eltern vor der Tür stehen zu müssen. Denn das wäre noch uncooler.

Und auch Eltern tut dieses Buch gut. Die meisten, denen ich es bisher zum Lesen gegeben habe, haben ausgerufen: „Genau so ein Buch hätte ich mir damals beim Auszug nach der Schule gewünscht.“ Genau, deshalb ist es ein tolles Geschenk zum Schulabschluss, Berufsbeginn oder 18. Geburtstag. Das Loslassen der eigenen Kinder fällt nicht leicht. Doch genau deshalb tut das Buch auch den Eltern gut. Sie können beruhigter loslassen, weil sie diesen Leitfaden als Starthilfe im Gepäck ihrer gerade flügge gewordenen Kinder wissen. Manche haben es sich auch gleich noch ein zweites Mal für sich selbst gekauft.

Ich habe viele Jahre die Stammeskultur indigener Völker studiert. Dort wird oft gesagt: um ein Kind groß zu ziehen, braucht es ein ganzes Dorf. Ich möchte mit diesem Buch meinen Teil dazu beitragen, dass die Kinder der nächsten 7 Generationen auf dieser Erde ein gutes sicheres Zuhause finden.

Eine meiner Visionen ist, dass in jeder Schule mindestens ein Klassensatz dieses Leitfadens zur Verfügung steht – als Grundlage für die Vermittlung von praktischer Lebenskunde oder anderenfalls bei jeder Schulabschlusszeugnisfeier an jeden Absolventen feierlich als Geschenk überreicht wird. 

Leseprobe des Buches

Aktuelle Rezension des Buches im TipBerlin Magazin

Das Buch ist in meinem kleinen Selbstverlag manitu-books Verlag erschienen. Das Buch ist direkt über mich sowie über den Buchhandel oder auf Amazon erhältlich. Wer es lieber elektronisch mag: Die drei Themen Erste Wohnung, Finanzen und Arbeit inkl. Bewerbung gibt es auch als separates E-Books.

 

Cover des eBooks Start ins Leben, Band 1, erste Wohnung Cover des eBooks Start ins Leben, Band 2, Finanzen Cover des eBooks Start ins Leben, Band 3, Arbeiten

 


 

Sicht-weise(n) – Ab jetzt werden hier immer wieder meine persönlichen Sicht-weise(n) zu Impulsen oder Themen der Zeit erscheinen. Als Inspiration und Denkanstoß, denn ich finde, die Zeit reif ist, um neue Wege zu finden und zu gehen.

Jetzt!-Labor 08.02.2022

Jetzt!-Labor 08.02.2022

Dank des wundervollen Kreativ-Projektes #farbkreisreise von Susanne Heinen bin ich in diesem Monat voll ORANGE-fokussiert … als ich in den letzten Tagen zu meiner Freundin kam, standen sie dort: meine Lieblingsblumen: Ranunkeln in bunt … bei so einem Anblick rückt bei mir das strubbelige Wetter im Außen gleich mal in die zweite Reihe und ich erlebe einen inneren Farbrausch und alles ist gut.

Haiku-Wochen-Challenge im Februar 2022

Haiku-Wochen-Challenge im Februar 2022

Hier kommt meine nächste Haiku-Wochen-Challenge:

Nachdem ich im letzten Jahr schon 2 x an der Haiku-Wochen-Challenge teilgenommen habe, bin ich voll im Haiku-Fieber … was sich in diesem Jahr auch immer wieder in meinem diesjährigen Jetzt! – Labor -Experiment zeigen wird.

Diesen Monat wurde die Challange wieder vom @einhorn.verleih und @tris_merri_gold initiiert – dieses Mal stellte @irlandreisen!    die Fotos zur Verfügung.

An 5 von 7 Tagen hieß es wieder:    5   7   5   –    dem Grundmuster eines Haiku.

Ein Haiku ist eine japanische Gedichtform, die aus 3 Zeilen besteht. Also ein Kurzgedicht.
In der ersten Zeile stehen bis zu 5 Silben, in der zweiten bis zu 7 Silben und in der dritten wieder bis zu 5 Silben.

Ähnlich wie ein Elfchen, was ich auch sehr liebe, geht es darum einen Moment bzw. ein Bild, meistens eine Naturbetrachtung, zu beschreiben.

Der alte Schreibtipp:   Show – don’t tell!    ist dabei immer wieder hilfreich und auch eine Herausforderung.

Doch in erster Linie ging es auch dieses Mal wieder vor allem ums Spaß haben am Schreiben und Kreieren der kleinen Kunstwerke.

 

Tag 1

 

 

Tag 2

 

 

Tag 3

 

 

Tag 4

 

 

Tag 5

 

 

 

Jetzt!-Labor 02.02.2022

Jetzt!-Labor 02.02.2022

Als ich noch jünger war, dachte ich oft, wenn ich so oder so bin, dann mag mich mein Gegenüber, dann gehöre ich dazu, dann bin ich glücklich, dann wird alles gut … Das lief am Anfang noch ziemlich gut, ich war überall als „Frau Sonnenschein“ beliebt, wuppte mein Leben, war in vielen Kreisen unterwegs. Doch irgendwann wurde ich krank. Mein Modell der List, mit dem ich mich selbst auszutricksen versuchte, begann zu eiern, meine Showmaske bekam Risse. Irgendwann brach das Eis und mir flog mein super organisiertes (kontrolliertes) Leben komplett um die Ohren. Es folgten Jahre der Suche nach mir selbst. Mit 50 begann ich noch einmal komplett neu. Das Ergebnis dieser Reise zu mir selbst fühlt sich heute ganz wundervoll an. Ich darf so sein, wie ich bin, und alles ist gut. Und es fühlt sich so gut an, zu wissen, wer und was ich wirklich bin – und dass das viel mehr ist, als ich je dachte und für möglich hielt.
Wie ist das bei dir? Wie wichtig ist dir (noch) die Meinung der Außenwelt? Wann tapst du immer wieder in dieselbe (Vergleichs-)Falle? Und wie schnell kommst du wieder aus ihr heraus? Wie kommst oder bleibst du in Kontakt mit dir? Hast du dafür Rituale oder anderes in deinem Leben? Schreib es mir gerne in den Kommentar …

Jetzt!-Labor 30.01.2022

Jetzt!-Labor 30.01.2022

Dieses Mal ging meine tägliche Licht-tanken-Runde raus zum See. Dank des schlüpfrig windigen Wetters war ich fast ganz allein und lief meine Runde, immer wieder am Ufer innehaltend. Manchmal riss kurz die Wolkendecke auf und stahlgraues Blau floss auf die Spiegelfläche. Oh Wunder Natur, immer wieder aufs Neue.

4-Wort-Story: Konfetti, Netzwerk, Regenbogen, Overall

4-Wort-Story: Konfetti, Netzwerk, Regenbogen, Overall

»Wenn du ein Problem hast, dann versuche, es zu lösen. Kannst du es nicht lösen, dann mache kein Problem daraus.«

Der Satz aus einer der Morgenmeditationen der letzten Woche ließ Sibel nicht mehr los. Er floppte immer wieder auf. Buddha hat gut reden, denkt sie. Damals als er lebte, war das Leben ein ganz anderes. Damals gab es noch keine Informationsfluten, durch die man täglich erst einmal schwimmen musste, um up to date zu sein. Damals gab es noch kein Überangebot von allem, wo man sich ständig entscheiden musste. Willst du das? Oder lieber das? Bringt dir der Post mit dem Regenbogen darauf mehr Kunden? Oder der ohne? Sibel packte ihr Handy zur Seite. Virale Medien-Detox-Diät – die hätte sie gerne, jetzt und sofort. Davon hatte Buddha bestimmt noch nie etwas gehört. Oder von der Like-Sucht, oder dem Imposter-Syndrom – wie sie alle heißen, diese neuzeitlichen Herausforderungen. Seit sie in der Agentur arbeitete, nahm auch bei ihr der Druck zu. Dauernd im Wettlauf mit der Zeit. Sie lief wie gewohnt auf Hochtouren im Hamsterrad, versuchte mehrere Dinge gleichzeitig zu erledigten, doch manchmal klatschte ihr die Schnelllebigkeit wie ein nasser Lappen direkt ins Gesicht, ihr Nervenkostüm legte sie abends zerknittert und ungebügelt auf die Reservebank, ihr bisher perfektes Schutz-Mantra: „Ommmmhhh, ich schaff das“ klang oft nur noch von weitem bis zu ihr vor.

»Ist der Post schon raus?« Jedes Mal, wenn ihr Chef an ihrem Schreibtisch vorbeikommt, dieselbe Frage. Sie hat es in der Hitliste der Killer-Fragen schon fast bis nach ganz oben geschafft. Vor ihr thront nur noch die Wie geht’s-Frage. Zu Beginn fand sie Frank richtig cool. Er hatte ein klares Ziel: ein Netzwerk von Experten-Bloggern zu schaffen, die etwas in der Welt bewegen wollen. Doch mittlerweile fühlt sie sich nicht mehr so wohl.  Frank pusht seit einigen Wochen ohne Ende, sieht nur seine Vision, tanzt mit seinem Dauer-YEAH!-Grinsen durchs Büro. Sein Weg ist einzig richtige. Wer in sein Konzept passt und top Leistung abliefert, darf in sein »Winner-Team«, doch wer nicht dauerhaft liefert und spurt, ist auch schnell wieder raus. Master-Mindclass, Affilate, Business, Kundenumfrage … immer nur mehr mehr mehr auf der ganzen Linie.

Sibel ist von all dem übersättigt. Am liebsten würde sie jeden Morgen vor dem Eintritt ins Büro in einen Overall kriechen, der sie vor all dem schützt. Sie liebte ihre Arbeit. Sie hat schon viele Kampagnen für andere Firmen erfolgreich umgesetzt, jedoch immer im Angestelltenmodus. Sie weiß, was sie kann und dass sie in dem, was sie tut, gut ist. Frank war damals in ihrem Erstinterview auch sofort von ihrem Portfolio begeistert, wollte sie später unbedingt in seinem Team haben. Wie jeder andere hatte auch sie zu Beginn ihren Eintrittsbonus ins Netzwerk eingezahlt. Das war keine kleine Summe, doch sie hatte die große Hoffnung, sich mit Unterstützung dieses Netzwerkes ein eigenständiges Businessmodell zu erschaffen. Die Verkaufsstrategie von Frank hörte sich so cool an: »Gemeinsam knacken wir das Limit und bringen Licht in die Welt«. Als Frank sie dann fragte, ob sie in sein Team einsteigen wolle, fühlte sie sich natürlich geschmeichelt und sagte schnell zu. Mittlerweile war sich Sibel nicht mehr sicher, ob das eine gute Entscheidung war. Ihre eigene Kundenakquise lief nur sehr schleppend an – von wegen irgendwann regnet es Kunden wie Konfetti. Im Gegenteil. Sie sah jeden Morgen im »YEAH!«-Meeting, wie sich Franks Accounts und Konten füllten, doch sie selbst blieb immer mehr auf der Strecke.

Der Satz von Buddha kam ihr wieder in den Sinn. Wie sollte sie ihr Problem lösen? Gab es eine Lösung? Oder gab es überhaupt ein Problem? Oder war das alles mal wieder nur hausgemachter Mindfuck, der aus ihrem Unterbewusstsein heraus versuchte, ihr das Wasser abzugraben?

Sie stand auf und ging ins Franks Büro: »Frank, ich danke dir für die gemeinsame Zeit hier. Doch ich glaub, es ist Zeit für mich zu gehen. Ich mach jetzt mein Ding. Viel Erfolg. Ich habe viel von dir gelernt. Ich wünsche dir alles Gute.« Die Worte gingen ihr so leicht über die Lippen, dass sie sich fragte, warum sie sie nicht schon viel früher gesagt hatte. Doch alles zu seiner Zeit. Sie ging zurück an ihren Platz und packte ihre Sachen zusammen. Sie verneigt sich mit einem Namasté und sagte leise »Danke Buddha«.

 


 

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